Im Rahmen des Culturescapes-Festivals wagen sich vorschlag:hammer/yuri500 an die großen Erzählungen Islands. Sie nutzen dieses nach wie vor populäre literarische Vermächtnis als Vexierbild, um über Geschichte, Geschichtlichkeit und Identitätsstiftung in der arktischen Lebenswirklichkeit nachzudenken. Dabei dienen die frühmittelalterlichen Erzählformeln als Brückenschlag in die Gegenwart: Das Stück ‚sagafiziert‘ gegenwärtiges und untersucht, wie die Art der Berichterstattung die Auffassung von Wirklichkeit miterzeugt. Wie in den vorherigen Arbeiten legen vorschlag:hammer/yuri500 den Fokus auf die performativen Erzähl- und Darstellungsmöglichkeiten und übersetzen die eigenwillige Narration der Isländersagas in eine bildhafte Theatersprache. In einem spektakulären Bühnensetting, in dem die isländischen Naturschauspiele analysiert und aufgeführt werden, jagen sich stets changierende Erzählperspektiven. Jahreszeiten werden zu Momenten gerafft, Augenblicke dehnen sich zu monumentalen Ereignissen und tragen die Zuschauer hinaus aus Raum und Zeit.
Lang anhaltenden Applaus gab es für diesen größtenteils urkomischen Parforce-ritt durch die literarisch reiche Landschaft quer durch die Zeiten. (…) Beherzt, engagiert und mit kalkulierter Komik haben sich die Performer dem Erzähltheater verschrieben – gegen den Strom. Sie bespielen ganze Textflächen, bahnen sich spritzig wie ein Gletscherbach den Weg durch den Sagenkosmos und geben längst vergessene Biografien ganzer Familienstämme an eine neue Generation weiter.
Westdeutsche Allgemeine Zeitung 21.02.2016
Bis es zum unerwarteten Ende kommt, ist die Bühnenlandschaft längst selbst in Bewegung geraten, als hätten sich Kontinentalplatten gegeneinander verschoben, Inseln und Berge aus dem Ozean entstehen lassen, Täler und heiße Quellen aufbrechen. Den Isländersagas ist es ähnlich ergangen. Sie haben diesmal unter anderem die Wege des Literaturnobelpreisträgers Halldór Laxness gekreuzt, sind bis zur isländischen Finanzkrise 2008-2011 vorgedrungen und schließlich wieder taumelnd zurückgefallen in die wilden Überlieferungen der Vorzeit. Vermutlich werden sie es weiter so halten und sich am laufenden Erzählband fort entwickeln.
Badische Zeitung 12.11.2015
Von und mit Kristofer Gudmundsson, Gesine Hohmann, Yves Regenass, Stephan Stock und Hinrik Þor Svavarsson
Bühne: Thomas Giger in Zusammenarbeit mit Oliver Roth
Videomapping: Nathalie Wallrapp
Kostüme: Kathrin Grossenbacher und Laura Woodtli
Produktionsleitung: Rabea Grand
Fotos: Nelly Rodriguez
Koproduziert durch: vorschlag:hammer, yuri500, ROXY Birsfelden, Theater Chur und Culturescapes
Gefördert durch: Fachausschuss Tanz und Theater BS/BL, Migros-Kulturprozent, Ernst Göhner Stiftung und Futurum Stiftung Basel.