Die Leiden der jungen Wörter
Im
Spiel
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„Wilhelm, was ist unserem Herzen die Welt ohne Liebe! Was eine Zauberlaterne ist ohne Licht! Kaum bringst du das Lämpchen hinein, so scheinen dir die buntesten Bilder an deine weiße Wand! Und wenn’s nichts wäre als das, als vorübergehende Phantome, so macht’s doch immer unser Glück, wenn wir wie frische Jungen davor stehen und uns über die Wundererscheinungen entzücken“
In Goethes Sturm und Drang Briefroman Die Leiden des jungen Werther erzählt der Protagonist immer nur von sich und seinem Erleben. Roland Barthes kündigt sein Buch Fragmente einer Sprache der Liebe mit folgendem Versprechen an: „Der Diskurs hat seine Hauptperson zurückbekommen, das ICH.“ Sein häufigstes Beispiel: Werther. Die Intimität des Briefs legt den Grundstein zur Äußerung maximaler Subjektivität und Selbstbezogenheit.
Zwischen R’n’B, Lichtspiel und unmittelbarem, performativen Sprechen sezieren vorschlag:hammer Die Leiden des jungen Werther, forschen nach Figuren möglicher Gefühlsäußerung und einer Erweiterung durch das Theater abseits des literarischen Texts. Wir suchen nach den Differenzen, die zwischen einem Sprechen über Gefühle und einer unmittelbaren Gefühlsäußerung liegen. Was ist also ein möglicher Ausdruck moderner Subjektivität und Gefühligkeit? in welchen dem Theater möglichen Sprachen kann wie über Gefühle und Leidenschaften verhandelt werden?
Je weiter die Handlung voranschreitet, desto stärker wird der Sog der Geschichte. Mit kleinen, poetischen Bühnenkunststücken wird der Wirkungsraum der Goethe-Wörter illustriert, erweitert, manchmal auch karikiert. Und dabei herzzerreißend anschaulich gemacht (…). Das alles sind ebenso einfache wie überzeugende Mittel, diesen berühmten Stoff zu präsentieren. Ganz klein, unprätentiös und gerade deshalb im besten Sinne ergreifend. Ja.
nachtkritik.de 10.04.2015
Der Ringlokschuppen zeigte am vergangenen Wochenende die wundersame Inszenierung von Die Leiden der jungen Wörter vom Kollektiv vorschlag:hammer. Sie begeisterte durch Feinfühligkeit, Witz und eine herausragende schauspielerische Leistung. Hindurch zieht sich die Frage, wie wir unsere Erfahrungen und intensivsten Gefühle auszudrücken vermögen. Über Licht und Schatten, Musik und Poesie schwebt vor allem die Unzulänglichkeit von Sprache. Was mit Theater geschieht, wenn die Unmöglichkeit wahrhaftiger Kommunikation verinnerlicht und schließlich erfasst wird, zeigt das Kollektiv mit ihrer Interpretation von Johann Wolfgang von Goethes berühmtem Briefroman Die Leiden des jungen Werther.
literaturundfeuilleton 18.05.2015
Was überzeugt: vorschlag:hammer haben die Textvorlage nicht auseinandergenommen oder dekonstruiert. Im Gegenteil. Den Performern ist mit Die Leiden der jungen Wörter das Kunststück gelungen Goethe absolut zeitgemäß und werkgetreu auf die Bühne zu bringen. Der Briefroman ist klug heruntergekürzt, so dass in diesem schlanken Werther nachvollziehbar wird wie hellsichtig Goethe schon einmal all die Konstellationen zwischen Liebesglück und Liebesleid durchspielt, aus denen Woody Allen noch heute seine Filme strickt.- Diese Reduktion bestimmt auch die Bühnenmittel. Ein paar Glühlampen, die an- und ausgeknipst, dem Gewittersturm nacheifern. Eine Taschenlampe die unters Gesicht gehalten, die düstere Einsamkeit beglaubigt, aus der Werther zum ende hin seine Briefe schreibt.
Hildesheimer Allgemeine Zeitung 10.07.2015
Von und mit Kristofer Gudmundsson, Frieder Hepting, Gesine Hohmann und Stephan Stock
Lichtcoaching: Andreas Greiner und Raul Walch
Produktionsleitung: Juliane Hahn
Fotos: Paula Reissig
Eine Koproduktion von vorschlag:hammer mit dem Ringlokschuppen Ruhr in Kooperation mit dem Ballhaus Ost
Gefördert durch das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur, die Stiftung Niedersachsen, die Kunststiftung NRW und die Eberhard Stiftung.